
Gott wartet auf Menschen, die seine Warnsignale ernst nehmen, um Veränderung bitten und sich im Alltag von ihm als seine Botschafter der Gnade verwenden lassen.
14.01.2025 | Reinhard Schwab
Wir in dieser Welt: Titanic Moment
Dieser Artikel ist erstmals im Adventisten Aktuell (Ausgabe 176) erschienen.
Man schrieb den 14. April 1912. Ein britischer Passagierdampfer der Reederei „White Star Line“, das größte Schiff der damaligen Zeit, befindet sich im Nordatlantik mit Kurs auf New York. Während die rund 2200 Passagiere an Bord die Jungfernfahrt der Titanic ausgelassen feiern, nähert sich der Ozeanriese zielstrebig seinem Untergang. Als „unsinkbar“ hat man sie gefeiert. Mehrfach wurde die Crew auf Eisberge hingewiesen. Den letzten Funkruf erhielt sie um 23:07 Uhr von der „California“, deren Besatzung die Weiterfahrt bis zu den Morgenstunden unterbrochen hatte. Diese letzte Warnung wurde auf der Titanic von dem Funker Philipps ignoriert. Er war zu sehr damit beschäftigt, Nachrichten der Passagiere an das Festland zu senden. Nur 32 Minuten später, um 23:39 Uhr, ertönt ein Alarm vom Ausguck: „Eisberg voraus!“. Trotz einer sofortigen Kurskorrektur lässt sich das Unglück nicht mehr verhindern. Wenige Minuten später kommt es zu einer verhängnisvollen Kollision. 1514 Menschen verlieren ihr Leben. Das als unsinkbar geltende Schiff hält bis heute den traurigen Rekord als schwerwiegendstes Schiffsunglück in der Geschichte der Seefahrt.
Ende Juli 2020 hielt der administrative Ausschuss der Österreichischen Union eine Sondersitzung ab. Es ging um die Präsentation der Ergebnisse unserer Gemeindeanalyse. Markus Savli, von Beruf Statistiker, hatte die Daten und Zahlen unserer internen Aufzeichnungen der letzten 20 Jahre analysiert. Mit wachsender Erschütterung arbeiteten wir uns durch die Ergebnisse. Manche Dinge konnte man seit Jahren intuitiv spüren, aber die Zahlen schwarz auf weiß vor sich zu sehen, war an manchen Stellen durchaus herausfordernd. So ernüchternd die Ergebnisse auch waren – nun wussten wir mit großer Wahrscheinlichkeit, wo wir als Organisation standen und welche Entwicklungen vor uns liegen würden, sollten sich gewisse Trends linear weiterentwickeln. Wir müssen damit rechnen, dass wir als Kirche in den nächsten 7 bis 10 Jahren ebenfalls einen Eisberg schrammen könnten, sollten wir den bisherigen Kurs beibehalten.
Diese Informationen veränderten meine Perspektive schlagartig. Wird es gelingen, die Dringlichkeit dieser Situation dauerhaft in das Bewusstsein unserer Gemeinden zu verankern? Werden wir als Administration und als Ortsgemeinden in Österreich die Botschaft verstehen und unsere Handlungsweisen als gesamte Organisation auf den Prüfstand stellen? Sind wir bereit, den Kurs anzupassen, um auf lange Sicht als christliche Organisation in Österreich nicht in der Bedeutungslosigkeit zu versinken, sondern unsere Aufgabe als Licht in der Gesellschaft zu erfüllen?
Im Herbst 2021 wurden die Ergebnisse veröffentlicht und im Rahmen der ersten Online-Konferenz sowie weiterer Veranstaltungen, Publikationen und Initiativen thematisiert. Was waren die Themen, die uns vor drei Jahren beschäftigt haben? Hier nun eine Zusammenfassung der wesentlichen Erkenntnisse aus der Analyse:
1. Die Adventgemeinde wächst heute nicht mehr so wie bis zum Beginn der 2000er Jahre. Unsere Bemühungen, Menschen mit dem Evangelium bekannt zu machen laufen vielfach ins Leere. Wachstum entsteht hauptsächlich durch Zuzug (70%) aus dem Ausland. Was heißt das für die Zukunft der Adventgemeinde in Österreich?
2. Unsere Gemeinde altert schneller und stärker als die österreichische Gesellschaft, und es gelingt uns immer weniger, junge Menschen für die Gemeinde zu gewinnen. Ein Blick auf die letzten Jahre zeigt uns jedoch, dass 75% der getauften Personen 35 Jahre oder jünger waren. Was tun, wenn wir Generationen in entscheidungswilligen Lebensphasen bereits heute nicht mehr nachhaltig erreichen?
3. Während wir uns bemühen, Menschen für die Nachfolge zu gewinnen, verließen im Zeitraum seit 1965 in Summe 36% der einmal Getauften wieder die Adventgemeinde. Werfen wir einen Blick auf junge Menschen zwischen 15-35 Jahren. Von ihnen sind 47% nicht mehr da, und nur 35% haben in der Taufe eine Entscheidung für Jesus getroffen. Ein beachtlicher Teil verlässt die Gemeinde wieder durch die Hintertür.
4. Die Statistik zeigt deutlich, dass mehr als ein Drittel aller getauften Gemeindeglieder aus Singles besteht, Tendenz zunehmend. Wie begegnet eine in Programmen stark familienorientierte Kirche einer Entwicklung der privaten Vereinsamung?
Die Entwicklungen innerhalb einer kirchlichen Organisation sind vielschichtig, weshalb es keine einfachen Lösungen für diese Herausforderungen gibt. Weder bessere Organisation noch strukturelle Anpassungen oder passende Programme allein können das Problem beheben. In unseren gemeinsamen Überlegungen als Pastoren, Bibelarbeiter, Missionspioniere und Abteilungsleiter wurde erneut deutlich, dass geistliche Erneuerung das zentrale Thema ist. Doch das allein reicht nicht aus. Unsere bisherigen Ansätze, um Menschen in der Gesellschaft zu erreichen und ihnen vom Evangelium zu erzählen, greifen heute nicht mehr. Es scheint, dass wir diesen Auftrag, wie Jesus ihn vorgedacht hat, neu entdecken und praktisch umsetzen müssen. Er nahm sich Zeit für Menschen, baute Beziehungen zu ihnen auf und versuchte, ihre Herausforderungen zu verstehen, um ihnen gezielt zu helfen. Erst als Vertrauen gewachsen war, lud er sie zur Nachfolge ein.
Das Leben Jesu war von einem zentralen Ziel geprägt: Er kam, um „zu suchen und zu retten, was verloren ist“ (Lk 19,10). Welche Folgen hat dies für uns als Jünger Jesu und Adventisten in Österreich? Was muss sich in meinem Leben ändern, damit mir die Erlösung meines Nachbarn, Arbeitskollegen oder Familienmitglieds zu einem persönlichen Anliegen wird, in das ich bereitwillig investiere? Wie kann es zu einem natürlichen Bedürfnis werden, Beziehungen zu Menschen aufzubauen, die der Kirche fernstehen, und offen sowie einladend über meine Beziehung zu Jesus zu sprechen?
Ich möchte dir zwei Bücher ans Herz legen, die dein Leben auf verschiedenen Ebenen nachhaltig beeinflussen können, wenn du sie im Gebet liest. Das erste Buch stammt von Joseph Kidder und trägt den Titel „Bewege deine Gemeinde“. Das zweite Buch, „Im Geist und in der Kraft“, wurde von Pavel Goia und Kelly Mowrer verfasst. Beide Werke sind eine Sammlung praktischer Erfahrungen und zeigen, wie es auch heute in säkularen Umfeldern möglich ist, Menschen für Jesus zu gewinnen. Lies diese Bücher gemeinsam mit Freunden, deinem Ehepartner oder Geschwistern aus der Gemeinde, und bitte den Heiligen Geist um Veränderungen. Ihr werdet ähnliche Erfahrungen machen, wenn ihr euch Gott anvertraut.
Wir müssen nicht mit ansehen, wie das Schiff Adventgemeinde an den unvermeidlichen Eisbergen der Gesellschaftsentwicklungen zerschellt und in der Bedeutungslosigkeit versinkt. Der Geist Gottes möchte aus dieser bereits verkirchlichten Organisation erneut eine dynamische Bewegung entwickeln. Gott wartet auf Menschen, die seine Warnsignale ernst nehmen, um Veränderung bitten und sich im Alltag von ihm als seine Botschafter der Gnade verwenden lassen. Bist du bereit für dieses Wagnis?
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