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"Angriff auf die Freiheit" - so titelt der Spiegel in seiner aktuellen Ausgabe unmittelbar nach den Attentaten am 7. Jänner 2015 in Paris. Ob mit diesem Titel tatsächlich der Kern des Problems getroffen wurde?

12.01.2015 | Oliver Fichtberger

Freiheit über alles!?

Ich bin von Herzen dankbar, in einem Land zu leben, in dem ich frei meine Meinung äußern darf. Sie mag zwar nicht jedem gefallen, aber dennoch habe ich weiter nichts zu befürchten, wenn ich sage, was ich mir denke.

Doch ist die freie Meinungsäußerung tatsächlich ein Gut, das es bis zum Letzten zu verteidigen gilt? Und ist das "satirisch-ironisch-sich-über-andere-lustig-Machen" dieses hohen Guts strahlender Gipfel - oder ist man da nicht eher in einen Abgrund gefallen?

Ich halte es für viel zu kurz gedacht, wenn in vielen Berichten nun von einem Angriff auf die Freiheit die Rede ist. Meine Freiheit hört dort auf, wo die Freiheit des anderen anfängt - würde dieses Prinzip dafür einen Rahmen schaffen dürfen, wie wir unsere Freiheit leben, wir würden uns eine Menge Konflikte ersparen. Um meine Freiheit in Einklang zu bringen mit deiner Freiheit, müssen wir aufeinander hören, einfühlsam sein, Rücksicht nehmen und Respekt haben.

Wer sich über etwas lustig macht, was jemand anderem heilig ist, der verletzt. Er geht über diese unsichtbare Grenze der Freiheit des anderen und begeht Hausfriedensbruch. Und nicht jeder hat gelernt, wie man ohne Gewalt auf diese Invasion der eigenen Freiheit umgeht - und antwortet mit Krieg.

Wenn nun in den Medien folgerichtig von einem Kampf der Kulturen die Rede ist, dann wurde im konkreten Fall der Kampf auf der einen Seite mit verhöhnenden Worten und sich lustig machenden Bildern geführt und von der anderen Seite mit Kugeln geantwortet. Ich bin froh, dass es viele Moslems gibt, die dieser Tage über die Anschläge entsetzt sind. Sie haben offensichtlich einen anderen - friedlichen - Weg gefunden, mit der Verhöhnung von für sie heiligen Glaubensinhalten umzugehen. Dies rechtfertigt jedoch die Grenzverletzung hinsichtlich Respekt und Achtung von Religionen nicht, genauso wenig wie politisch motivierte und sich auf den Islam berufende religiöse Gewalt gerechtfertigt ist.

Wenn wir die Meinungsfreiheit um jeden Preis über die Religionsfreiheit stellen, wird ein Nährboden geschaffen, der von den Extremisten der anderen Seite als Rechtfertigung für brutale Attentate genommen wird. Sie übersehen dabei, dass es andererseits auch bei uns nur Extremisten sind, die sich derart wenig um das scheren, was anderen heilig ist und ihre Feder als Waffe einsetzen.

Im Sog der Betroffenheit solcher Ereignisse geschieht es allerdings allzu leicht, dass der differenzierte Blick auf die eigentlichen Probleme verstellt wird. Und bevor wir nun unsererseits Märtyrer der Freiheit verehren, sollten wir uns an der Nase nehmen und uns fragen, was unsere Gesellschaft zur Deeskalation beitragen kann. Pauschalurteile helfen da ebenso wenig wie konstruierte Kulturkämpfe und Karikaturen - diese spielen auf beiden Seiten nur den Zündlern in die Hände.

A propos Freiheit: Jesus sagte einmal: "Die Wahrheit wird euch frei machen." Johannes 8,32. Und er ergänzt einige Augenblicke später, dass nur der wirklich frei ist, den er frei macht. Johannes 8,36. Nur wer selbst wirklich frei ist, kann solch ein Angebot machen. Und wenn wir erahnen wollen, was Jesus mit dieser Freiheit meint, dann müssen wir ihn beobachten, wie er diese Freiheit gelebt hat. Wir sehen ihn unermüdlich unterwegs, seine Stimme erheben gegen Unrecht, seine Hand ausstrecken um zu helfen, sein Ohr offen für die Probleme der Menschen und sein Herz voll Anteilnahme. Er meinte es gut mit den Menschen.

Wenn Wahrheit frei macht, dann sollten wir damit beginnen, ehrlich zu sein. Und miteinander reden - egal welcher Religion er oder sie angehört. Verstehen versuchen.

Was den Islam angeht, gibt es schon Fragen, die mir unter den Nägeln brennen. Gerne würde ich sie mit einem Moslem diskutieren - über den Link unten kann ich kontaktiert werden! Ich glaube, dass das in einem Geist gegenseitigen Respekts möglich ist. Damit würde gegenseitig Verständnis erreicht für die Nöte und Bedürfnisse, die jeder hat. Wir könnten uns als Menschen begegnen. Selbst wenn das nicht alle Probleme auf einen Schlag löst, wäre es eine Art von Meinungsfreiheit, die zu leben und verteidigen es sich lohnen würde. Sie würde zum Frieden beitragen.

Freiheit ist ein hohes Gut, aber nur, wenn sie richtig gelebt wird.

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